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Deutschlands Verwaltungen verbrauchen zu viel Papier

2006 war Deutschland der viertgrößte Papierproduzent und hatte einen Verbrauch von 253 Kilogramm Papier pro Kopf. Trotz der Digitalisierung hat sich bis heute daran nur wenig geändert. Vor allem die deutschen Behörden hinken hinterher. Dem Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) 2018 zufolge belegen Deutschlands Verwaltungen im EU-Vergleich nur Platz 21.

21.11.2018

Deutschlands Verwaltungen verbrauchen zu viel Papier

Laut DESI 2018 (hier als PDF zum Download) liegt Deutschland beim Thema Digitalisierung im Mittelfeld. Während Bereiche wie die digitale Kompetenz oder der Online-Handel im Vergleich mit den anderen EU-Ländern gut abschneiden, hat der Bereich elektronische Behördendienste starken Nachholbedarf. Gerade einmal 19 Prozent der Deutschen nutzen Behördendienste online. Damit ist Deutschland eines der Länder mit der niedrigsten Online-Interaktion zwischen Bürgern und öffentlichen Institutionen. Das liegt daran, dass viele Prozesse in hiesigen Ämtern von modernen Herangehensweisen noch weit entfernt sind - die Behörden arbeiten lieber analog als digital. Positive Beispiele sind weiterhin die Ausnahme, etwa die elektronische Steuererklärung, die mittlerweile 21 Millionen Bundesbürger nutzen, oder die Umsatzsteuervoranmeldung, die, wie hier unter anderem erklärt wird, bis auf Härtefälle nur noch online angenommen wird. Die meisten Behörden lassen noch immer keinen digitalen Datentransfer oder Online-Anträge zu.

Die Folge: Bescheide und Urkunden müssen bei fast allen Ämtern in Papierform vorgelegt werden. Kein Wunder also, dass der Papierverbrauch in Deutschland immens ist. Allein in Berlin liegt der Verbrauch der Verwaltungen bei rund 317,5 Millionen DIN-A4-Blättern pro Jahr - obwohl die Hauptstadt im Bereich E-Government unter den deutschen Städten führend ist. Die gute Nachricht: In Berlin wird immerhin Recyclingpapier verwendet. Dank engagierter Kampagnen wie CEOs bekennen Farbe oder dem Städte- und Landkreiswettbewerb "Papieratlas" wird der Anteil von recyceltem Papier am Gesamtpapierverbrauch immer größer.

Dennoch wird insgesamt zu viel gedruckt. Vor allem im Gesundheitswesen besteht enormer Nachholbedarf. Laut einer Analyse von McKinsey würde das deutsche Gesundheitswesen allein durch die Umstellung auf die papierlose Verarbeitung der Patientendaten jährlich rund 9 Milliarden Euro sparen. Weitere 0,5 Milliarden Euro ließen sich durch Self-Services wie die Online-Terminvereinbarung einsparen. McKinsey errechnet ein Einsparpotenzial von jährlich 34 Milliarden Euro und eine Senkung der Versorgungskosten um 12 Prozent. Warum stellt man also nicht einfach auf die papierlose Verwaltung um?

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Das komplizierte System steht im Weg

Schwer wiegt, dass deutsche Behörden die digitale Moderne scheuen. Gründe dafür sind unter anderem das föderale System und die darin fehlende Infrastruktur. In Deutschland arbeiten 11.000 Kommunen unabhängig voneinander. Viele davon haben ihre Register in Papierform angelegt, sodass Daten nicht einfach an Behörden in anderen Kommunen übermittelt werden können. Selbst moderner aufgestellte Kommunen mit digitalen Registern können sich kaum untereinander austauschen, da sie jeweils unterschiedliche, nicht kompatible Systeme verwenden. Soll also die Umwelt geschützt werden, und möchte man Kosten und Aufwand in den Behörden senken, sind bundesweite Lösungen erforderlich.

Eine dieser Lösungen könnte das sogenannte Onlinezugangsgesetz (OZG) sein. Die Bundesregierung erhöht mit diesem Gesetz den Druck auf öffentliche Verwaltungen, denn es sieht vor, dass alle Behörden ihre Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen online zugänglich machen. Stichtag für die vollständige Umsetzung ist das Jahr 2022. In der Folge würde zum einen der Papierverbrauch drastisch sinken und zum anderen würden die Bürger von schnelleren und weniger aufwendigen Verfahren profitieren.

Quelle: UD/cp
 

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