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Planst du noch oder nudgst du schon?
     
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Peace
 
Das menschliche Verhalten ist unergründlich. Glücklicherweise lassen sich manche Erdbewohner:innen positiv prägen. 
 
Wie Büroplaner:innen und Unternehmen das Nudging-Konzept im Büro anwenden können, erfährst du in inperspective snacks #25.

inperspective snacks - Der Lead - Die Fliege machen
Die Fliege machen
von Hannes Hilbrecht

Ein Klohäuschen auf einem Rastplatz nahe Ústí nad Labem. Deutsch-tschechische Grenze. Die Lüftung surrt, die Neonlampe flackert. Zitternd schmeißt sie ihr weißes Licht auf Fliesen und Urinal. Meister Proper war lange nicht mehr zugegen.
 
Im Pissoir ruht einsam ein Toilettentab. Halt. Stimmt nicht. Eine Fliege sitzt direkt daneben, sie rührt sich nicht. Es ist kein lebendes Insekt, sondern ein aufgeklebtes. Die Fliege soll mich nudgen. Wie bitte?
 
Hinter dem Begriff Nudging verbirgt sich keine anrüchige Website, die das IT-Team alarmieren sollte. Es geht um ein Konzept, für das der Ökonom Dr. Richard Thaler einen Nobelpreis einheimsen durfte.
 
Das englische Wort Nudge bedeutet Stups. Nudging beschreibt eine Strategie aus der Verhaltenspsychologie. Es geht, logisch, ums Anstupsen. Also darum, dass Menschen subtil zu klugen Taten beeinflusst, aber nicht genötigt werden. Junge und ältere Homo sapiens treffen gerne vermeintlich freie Entscheidungen.
 
“Die sogenannten Nudges sind Eingriffe in die Entscheidungsarchitektur. Sie sollen Menschen in eine bestimmte Richtung lenken und ihr Verhalten in vorhersagbarer Weise verändern”, erklärt Wissenschaftsjournalistin Fabienne Wehrle.
 
Die Fliege im Urinal ist ein Klassiker der Verhaltenspsychologie, und ein verdammt erfolgreicher. Studien belegen, dass das Insekt die Treffsicherheit der Urinierenden um bis zu 80 Prozent verbessert
 
Überall im Leben werden Menschen angestupst. In Kölner Fußgängerzonen führen grüne Linien zu den Mülleimern. Mehr Unrat soll in den Tonnen landen. Am Hotelbuffet stehen mehr kleine als große Teller bereit. Die Gäste sollen nicht so emsig im Rührei herumbaggern. Sogar die Bundesregierung stupst an.
 
Nudges prägen uns überall. Und natürlich auch in Büros.
 
Für Unternehmen und ihre Büroplaner:innen ist das eine spannende Perspektive. Nudges können etwas erreichen, was besonders bräsigen Menschen schwerfällt: Veränderungen beschleunigen. Das betriebliche Gesundheitsmanagement eignet sich als Paradebeispiel.
 
Menschen, die zu lange sitzen, Schreibtischhocker:innen sozusagen, leiden häufiger unter Rückenschmerzen. Wer sich dagegen am Arbeitsplatz bewegt, fördert Fitness und Produktivität. Auch die Kommunikation lebt von Mitarbeitenden, die von Arbeitsinsel zu Arbeitsinsel waten. Trick 17 im Office Nudging: Die persönlichen Mülleimer der Beschäftigten einkassieren und die Behältnisse zentraler platzieren. Für die Entsorgung von vollgerotzten Tempos und Apfelgriebsen müssen sich die Office-Folivoras, die Faultiere, fortan bewegen.
 
Es gibt viele Möglichkeiten, mit denen Architekt:innen positive Impulse unter dem Mantel des freien Willens verhüllen können. So weit, so nudge? Nein. Es lauern überall Tücken. Wer zu viel oder undurchdacht trickst, keine leichten Umwege anbietet, fällt negativ auf. Rasch sät ein gut gemeinter Anstoß Zwang und Zwietracht.

FACT SHEET
3 McNudges fürs Büro
     
 
Icon Pflanze
 
   
Plant Power! Wer seine Büroräume mit pflanzlichen Elementen ausstaffiert, hebt die Stimmung der Mitarbeitenden. Laut einer Studie der technischen Universität Sydney wurden negative Gefühle wie Stress, Angst oder Niedergeschlagenheit um bis zu 60 Prozent reduziert.
 
     
     
 
Icon Dokument
 
   
Bist du Bilbo Beutlin? Architekt:innen, die Drucker- und Kopierräume ähnlich gut verstecken wie der Hobbit seinen Ring, werden die Papierverschwendung senken. In Deutschland dringend notwendig. Allein Berliner Behörden verballern 317 Millionen DIN-A4-Blätter im Jahr.
 
     
     
 
Icon Klavier
 
   
Auf Klaviertasten herumhüpfen? Wer möchte, dass Mitarbeitende sich mehr bewegen, muss Klaviertasten auf die Treppenstufen pinseln. In einer Stockholmer U-Bahn-Station ignorierten plötzlich 66 Prozent der Passagier:innen die Rolltreppe.
 
     
     
Projekt der Woche
     
Projekt der Woche - sphera, Chicago
     

Chicagoer Atmosphären

An der Decke fließt ein blauer Strom durch den Korridor. Das Firmenlogo im Foyer prangt an einer mit Moos bedeckten Wand. Die Konturen von Baumringen säumen Türen. Das Büro von sphera in Chicago, Illinois, lobbyiert schon im Eingangsbereich für die gute Sache: alles für die Umwelt.
 
sphera entwickelt Software für staatliche Organisationen und Großunternehmen. Für eine sichere, nachhaltigere und produktivere Welt, verspricht die Firmen-Charta. Das Design der Arbeitswelt spiegelt diese Leitmotive. Auf Schiefertafeln in den Gemeinschaftsbereichen illustriert sphera die Unternehmensziele. Die Labore für die Produktentwicklung gestalteten die Architekt:innen absichtlich transparent. Das erzeugt ein Gefühl von Teilhabe. 
 
Auch abseits der deutlichen Botschaften integrierten die Planenden Nudges in das Bürodesign. Der markanteste? Das im mittleren Westen beliebte Spiel “Cornhole” ist im sogenannten Gaming Room mehrfach präsent. Die Chicagoer Version der Tischtennisplatte soll die Mitarbeitenden möglichst häufig in die Kommunikationsbereiche locken.

© Design: Eastlake Studio
© Fotos: Hall + Merrick

     
Projekt der Woche - Projekt der Woche - sphera, Chicago - Gallery
     
     
     
Der Weitblick
     
     
New Jersey, USA
Unternehmen müssen ihre Mitarbeitenden motivieren. Welche vier Elemente das Engagement steigern können, erläutert Experte Brent Pearson für das Magazin TLNT.
     
     
New York, USA
Werden Beschäftigte bald nicht nur im Office, sondern auch im digitalen Raum beeinflusst? Wie das Metaverse die Arbeit verändern könnte, analysiert Reporterin Lila MacLellan für Quartz.
     
     
Stuttgart, Deutschland
Unternehmen können nicht nur ökologische Bürogebäude bauen, sondern auch ihre Mitarbeitenden für das Thema Nachhaltigkeit begeistern. Milena Bockstahler skizziert für das Fraunhofer-Institut grüne Ideen.
     
       
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