In Wahrheit steckt das wilde Leben längst in uns.
Nicht nur im übertragenen Sinn, wie beim Paradiesvogel aus dem Nachbarbüro. Sondern ganz real.
Unser Körper besteht aus ähnlich vielen Bakterien wie menschlichen Zellen. Wir sind ein ziemlich diverses Team.
Und: »the more the merrier« – je mehr, desto besser. Also laden wir doch noch ein paar weitere Wesen zu uns ein. Zum Beispiel Regenwürmer.
Das ist kein Witz. In einer geschlossenen Holzkiste in der Kaffeeküche fühlen sich Kompostwürmer pudelwohl. Was sie bringen? Sie knuspern Bananenschalen, Teebeutel und sogar Papierschnipsel weg und liefern dafür Dünger fürs darbende Bürogrün. Ist das Ökosystem in der Kiste intakt, stinkt auch nichts. Stattdessen riecht die Kiste beim Öffnen erdig wie frischer Waldboden.
Der Pflegeaufwand beschränkt sich aufs Füttern, auch zwei Wochen Fasten sind okay. Und niemand muss mit Würmern Gassigehen. »Die Mitarbeitenden finden es lustig«,
schreibt Gesa aus Hamburg auf dem Portal wurmkiste.at. Einzig der Betriebsrat könnte Einwände haben: Kompostwürmer arbeiten 24/7, und das ohne Überstundenzuschlag.
Dabei gelten doch sonst eher Bienen als fleißig. Vielleicht ziehen sie deshalb in immer mehr Betriebe ein, aufs Außengelände, aufs Dach oder auf den Balkon. Allein das
Sozialunternehmen Stadtbienen, die selbsternannte Nummer 1 für ökologische Bienenprojekte in der DACH-Region, spricht von 14,5 Millionen glücklichen Bienen in Betrieben. Oft stoßen engagierte Imkerinnen und Imker aus der Belegschaft ein solches Projekt an. Anbieter wie Stadtbienen vermieten Bienenvölker samt Zubehör und übernehmen auf Wunsch auch die Betreuung.
Aktive Naturerfahrung am Arbeitsplatz gibt es so auf jeden Fall. Mitarbeitende können das Imkern selbst lernen oder Profis über die Schulter schauen. Und am Ende gibt’s für alle ein Glas Honig. Pu der Bär würde sich freuen.
Apropos Bär: Auch wild lebende Tiere lassen sich in die Gestaltung von Bürogebäuden einbeziehen. Darum geht es beim Animal-Aided-Design. Die Idee: Wildtiere schon im Planungsprozess mitdenken. So werden ihre Bedürfnisse zum integralen Teil der Gestaltung – und zur Inspiration für den Entwurf selbst.
Okay, Bären sind vielleicht eine Nummer zu groß. Für ein Pilotprojekt in München wählte das Studio Animal-Aided-Design die Zielarten Braunbrustigel, Grünspecht, Haussperling und Zwergfledermaus. Für sie wurden dann passende Maßnahmen am Gebäude und seiner Umgebung entwickelt. Die Zwergfledermaus etwa erhielt unterschiedliche Quartiere in der Fassade und am Dachrand. Das Dach selbst wurde so begrünt, dass Insekten die extremen Bedingungen dort – im Sommer Trockenheit und Hitze – leichter überstehen und den Fledermäusen so Nahrung bieten. Außerdem entstand auf dem Gelände eine Allee, an deren linearer Struktur sich die Flattertiere bei der Jagd orientieren können.
Und Jagd heißt: weniger Mücken, die in der Mittagspause auf Mitarbeitende losgehen. Alle Tiere leisten solche Ökosystemdienstleistungen, die meist dann auffallen, wenn sie fehlen. Denken wir Pflanzen und Tiere in unseren Lebens- und Arbeitswelten mit, fühlen auch wir uns besser.
Der Anblick eines Wurm, der sich gemächlich durchs Salatblatt frisst? Pure Entspannung. Das Summen von Bienen in einem Blütenmeer? Sommerstimmung. Fledermäuse, die scheinbar schwerelos durch die Dämmerung segeln? Ein Brise Batman zum Feierabend.
Wie gesagt: Wir sind ein diverses Team.