Sie ist allzu bekannt, und doch kommt sie meistens plötzlich.
Stechend und pulsierend auf einer Kopfseite. Flaue Übelkeit im Magen. Oft ist auch die visuelle Wahrnehmung gestört, seltener die Sprache. Bewegt man sich, werden die Symptome sogar noch schlimmer.
Wer unter einer Migräne leidet, tut das wirklich: leiden.
In Deutschland kämpft mindestens jeder zehnte Mensch regelmäßig mit Migräne-Symptomen, das sind etwa acht Millionen Frauen und Männer. Wahrscheinlicher liegt die Zahl der Betroffenen eher noch etwas über diesem Wert. Frauen leiden statistisch betrachtet deutlich häufiger unter einer Migräne.
Das National-Migraine-Centre in Großbritannien analysierte kürzlich die drastischen Folgen der neuronalen Erkrankung:
- 25 Prozent der Betroffenen mussten wegen ihrer Migräne den Beruf wechseln.
- 16 Prozent verloren ihren Arbeitsplatz aufgrund dieser Kopfschmerzen.
- 54 Prozent spüren durch die Migräne wirtschaftliche Nachteile.
- Chronisch Kranke verlieren 16,8 Arbeitstage pro Jahr aufgrund von Kopfschmerzen.
In unzähligen deutschen Unternehmen wird das Thema Migräne und dessen Folgen trotzdem noch unterschätzt. Nicht nur, weil Betroffene während des Anfalls – bei manchen kommen sie wochenweise – kaum sinnvoll arbeiten können. Sie hemmt auch, wie Studien vermuten lassen, gerade talentierte Wissensarbeiterinnen und Wissensarbeiter.
Denn Menschen mit Migräne gelten als intellektuell besonders leistungsfähig. Vor allem in den Bereichen Kreativität und Lösungskompetenz zeichneten sie sich in Untersuchungen aus. Woran das liegt?
Das Gehirn von Migränikerinnen und Migräniker soll Reize besonders rasch verarbeiten. Wenig überraschend, dass viele Migränekranke intellektuell anspruchsvolle Aufgaben erfüllen. Arbeit, die nicht ausschließlich, aber zumeist in büroähnlichen Räumen stattfindet.
Die kognitiven Vorteile, die Betroffene haben, sollen jedoch auch für die extremen Schmerzen ursächlich sein. „Der Migräne liegt eine Übererregbarkeit des Gehirns zugrunde”,
erklärte der Kopfschmerzexperte Dr. Stefan Evers bereits vor einigen Jahren einem Wissenschaftsmagazin.
Was im Gehirn von Menschen mit Migräne genau passiert, ist zwar gut untersucht – einen breiten Konsens gibt es aber noch nicht. Klar ist: Werden Betroffene von einem Migräneanfall überrollt, ist an produktive Arbeit nicht zu denken. Schlimmstenfalls drohen langwierige Ausfallzeiten. Unternehmen sollten daher alles dafür tun, dass das Risiko für Migräne-Attacken sinkt. Und damit müssen sie im Büro anfangen.
Das Office gilt mittlerweile als einer der größten Risikofaktoren für Menschen mit Migräne. Beruflicher Stress und die sensorische Reizüberflutung im Büro – beides kann die höllischen Kopfschmerzen auslösen. Klipp und klar bedeutet das:
- Bürolärm durch eine permanent laute Geräuschkulisse.
- Flackerndes und zu viel künstliches Licht.
- Strenge Gerüche, zum Beispiel Parfums.
Auch eine mangelhafte Ergonomie zählt zu den Risikofaktoren. Verspannungen können nicht nur normale Kopfschmerzen, sondern genauso Migräne-Anfälle begünstigen.
Führende Technologieunternehmen widmen sich bereits mit Wellness- und Focus-Areas den genannten Problemen. Allen voran Google, SAP und Microsoft sind für ihre Sensibilität in der Thematik bekannt. Das simple Geheimnis der dort eingesetzten Räume? Sie filtern möglichst viele Reizfaktoren aus der Umgebung. Ein Ansatz, der auch für das Großraumbüro gelten sollte.
So oder so: Wenn Unternehmen in ihren Büros mehr gegen Migräne tun, wäre es ein Gewinn für sie – und für alle Beteiligten.